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Bürogestaltung nach der Corona-Krise: Was wird anders?

Covid workplace

Ein Ende der Corona-Pandemie ist zurzeit noch nicht in Sicht¹. Wir sind gezwungen, uns den Umständen anzupassen – auch in Bezug auf unsere Lebensweise und Arbeitsräume. Im Dienstleistungssektor arbeiten zahlreiche Unternehmen daran, ihre Büroräumlichkeiten zu überdenken, um ihren Mitarbeitenden eine sichere und gelassene Rückkehr an den Arbeitsplatz zu ermöglichen. Daraus entstehen neue Gestaltungskonzepte mit dem Hauptziel, Infektionsgefahren in Büros zu minimieren. Oft haben solche Änderungen allerdings auch Auswirkungen auf andere Aspekte des Wohlbefindens und des Arbeitsumfelds. In einigen Fällen wirken sie sich sogar negativ auf die ursprünglich angestrebten Ziele bezüglich Komfort- und Leistungssteigerung aus. Dies gilt insbesondere für die Optik, die durch eine neue Raumgestaltung stark beeinträchtigt werden kann.

Mit Trennelementen Infektionsrisiko senken

Im Laufe meiner Recherchen zum Thema «Einfluss der Gesundheitskrise auf die Umgestaltung von Büroräumlichkeiten» stiess ich auf einen Bericht von Steelcase². Darin werden Vorschläge zur Gestaltung und Möblierung von Büros beschrieben, die das Ziel verfolgen, das Risiko von Krankheitsübertragungen zu reduzieren oder gar zu vermeiden. Was es dazu braucht? Trennelemente. Und zwar in den verschiedensten Formen: Schutzschirme, Trennwände oder andere Raumteiler «vor, neben und hinter jeder Person» bei aneinandergereihten Büros und/oder zwischen verschiedenen Bereichen in Open-Space-Büros. Ausserdem wird empfohlen, die Trennelemente höher und breiter zu gestalten, um den Kontakt zwischen den Mitarbeitenden auf ein Minimum zu reduzieren. Diese Vorkehrungen werden vor allem für Büroräume empfohlen, die kurzfristig abgesichert werden sollen und in denen die Abstandsregeln zwischen Mitarbeitenden nicht eingehalten werden können.

 

Plädoyer fürs Büro - wie man es richtig macht (Quelle: Steelcase)

Auch der Personenstrom sollte im Rahmen dieser Strategie limitiert werden, um Begegnungen und Kontakte zwischen den Arbeitnehmenden zu reduzieren. Dafür können zusätzlich zu wegweisenden Trennelementen auch Bodenmarkierungen angebracht werden.

Auswirkungen auf die natürliche Beleuchtung und auf die Lichtstimmung

Die oben erwähnten Massnahmen zur Umgestaltung der Büroräumlichkeiten sind zwar wichtig, um das Infektionsrisiko zu senken, sie haben aber auch einen direkten Einfluss auf die natürliche Beleuchtung der Arbeitsräume.

Die Darstellungen unten zeigen beispielsweise die Auswirkung von Trennwänden im Inneren auf die Intensität der natürlichen Beleuchtung an den Arbeitsplätzen sowie auf die wahrgenommene Lichtstimmung. Die autonome Lichtverteilung sinkt von 75 % auf 25 %, und der Raum erscheint weniger hell und geräumig. Das optische Umfeld wird dadurch deutlich beeinträchtigt.

Büro ohne Raumteiler

Büroräumlichkeit mit Raumteilern. Quelle:  http://patternguide.advancedbuildings.net/

Auswirkungen auf die Sicht nach draussen

Gleichermassen hat die Neugestaltung der Büros einen starken Einfluss auf den Ausblick von verschiedenen Arbeitsplätzen aus. Blickdichte Trennelemente können je nach Höhe die Sicht stark einschränken. Die Qualität der Aussicht stellt aber ein wichtiges Kriterium für Zertifizierungen wie LEED und DGNB dar. Je höher die Trennelemente, desto stärker die Einschränkung: Man fühlt sich weniger mit der Aussenwelt verbunden, was auch aus den vorangehenden Abbildungen ersichtlich wird.

Sollten Trennwände in Büroräumlichkeiten bald (wieder) zur Norm werden, könnten Elemente aus Glas diese optische Einschränkung etwas lindern. Allerdings hätte dies negative Auswirkungen auf die Akustik. So oder so wird es immer wichtiger, Fensterflächen zu vergrössern, um ein Maximum an natürlichem Licht einzulassen und den Angestellten den Blick nach draussen zu ermöglichen. Mögliche Probleme in Bezug auf Hitze oder Blendeffekte müssen demnach optimal gelöst werden.

Fazit

Die Gesundheitskrise bietet uns eine Möglichkeit, Lebens- und Arbeitsräume zu überdenken und den Menschen bei der Umgestaltung ins Zentrum zu stellen. Das Wohlbefinden einer Person ergibt sich aus einer Vielzahl physischer sowie psychischer Aspekte wie dem Sicherheitsgefühl, dem optischen und akustischen Umfeld, dem thermischen Komfort sowie persönlichen und sozialen Aspekten. Einige Mitarbeitende fühlen sich bestimmt wohl in abgetrennten Arbeitsbereichen, bei denen die Sicherheit an erster Stelle steht. Andere arbeiten nur ungern in Räumen mit wenig natürlichem Licht und ohne Verbindung zur Aussenwelt.

Wie kann man also alle Mitarbeitenden zufriedenstellen und ein Büroumfeld bieten, das gleichzeitig sicher, hygienisch und gemütlich ist und ausserdem noch die Kreativität und die Leistungsfähigkeit der Angestellten fördert? Diese Frage stellt Architekten und Unternehmen definitiv vor grosse Herausforderungen, und ich behaupte nicht, dass ich eine Antwort darauf habe. Ich weise nur darauf hin, dass die gesamte Ausrichtung eines Gebäudes oder eines Lokals auf einen einzigen Aspekt vielleicht kurzfristig funktionieren mag, es mittel- bis langfristig allerdings zu negativen Auswirkungen kommen wird. Wir müssen das Wohlbefinden der Menschen in seiner ganzen Komplexität im Hinterkopf behalten und einen holistischen Ansatz finden, wenn wir unsere Räumlichkeiten tatsächlich transformieren und dadurch die Stärken und die Gesundheit der Belegschaft fördern wollen.


Sources:

  1. https://www.lesechos.fr/industrie-services/pharmacie-sante/pourquoi-le-coronavirus-pourrait-ne-jamais-disparaitre-1232233
  2. Die nächsten Schritte planen: Arbeitsplätze nach Covid-19, Steelcase, 2020