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Der psychologische und wirtschaftliche Wert einer schönen Aussicht: Erkenntnisse aus der Forschung und der Twitter-Community

Im vergangenen Jahr machte ich meine Hochzeitsreise nach Hongkong und konnte das exotische Flair und die hervorragende Gastronomie dieser Stadt erleben. Zu den etwas kostspieligeren Annehmlichkeiten gehörte der herrliche Ausblick auf die Bucht von Hongkong, von deren Schönheit uns schon so oft vorgeschwärmt worden war. Diesen konnten wir nicht nur von der Badewanne unseres Hotelzimmers aus geniessen, sondern auch von der obersten Etage eines Luxusrestaurants. Hätten wir uns für einen Blick auf graue Mauern entschieden, hätten wir wohl kaum so viel Geld für unser Zimmer oder das Menü zahlen müssen. Selbst dann nicht, wenn die Mauern mit Meisterwerken grosser Künstler aus der Qing-Dynastie dekoriert gewesen wären. Doch wir hatten uns das Sprichwort zu Herzen genommen: «Man heiratet nur ein Mal».

Blick auf die Bucht von Hongkong von einem der beliebtesten Restaurants auf der Insel.

Der Ausblick als echter Wirtschaftsfaktor 

Sie haben sicherlich schon festgestellt, dass der Wert einer Immobilie, der Preis eines Hotelzimmers oder der Ruf eines Restaurants in nicht unerheblichem Masse vom gebotenen Ausblick zusammenhängt. Orte mit Blick auf verschneite Berggipfel in den Alpen, auf die Bucht von Halong oder Hongkong, auf die Skyline von New York oder auf andere Sehenswürdigkeiten sind begehrte Ziele, für die in der Regel tief in die Tasche gegriffen werden muss. Laut einer Studies1 über Immobilien an der englischen Küste wird beispielsweise für Objekte mit Meerblick ein um 47 bis 82 Prozent höherer Kaufpreis erzielt!

 

Blick auf den Neuenburgersee von der Bar des Best Western Premier Hotel Beaulac in Neuenburg in der Schweiz.

Eine 2005 in den USA durchgeführte Untersuchung2 auf der Grundlage einer Datenbank mit Hotels, Wohnobjekten und Bürogebäuden in mehreren Städten bestätigte die These, dass die Aussicht ein wirtschaftlicher Faktor ist. In dieser Studie wurde der Aussicht ein besonders grosser Einfluss auf den Preis von Wohn- und Bürogebäuden zugesprochen. Angesichts der Tatsache, dass Hotelzimmer nur vorübergehend bewohnt werden und der Preis unter anderem auch von der Art des Zimmers und dem Serviceangebot abhängt, war dieser Faktor bei Hotels im Vergleich weniger bedeutsam.

Weniger bedeutsam heisst jedoch nicht völlig bedeutungslos, wie eine jüngere Studie von Human Spaces3 im Gastgewerbe zeigt. Die Studie kam anhand einer statistischen Auswertung der Daten von Hotels.com zu dem Schluss, dass eine positive Korrelation zwischen dem Zimmerpreis und der Aussicht des Zimmers besteht. Im Durchschnitt liess sich ein Aufpreis zwischen 11 und 18 Prozent für Zimmer mit Meerblick oder im Allgemeinen mit Blick auf die Natur feststellen.

Zimmer mit Meerblick sind im Durchschnitt 11 bis 18 Prozent teurer (Quelle: Human Spaces 2.0: Biophilic Design in Hospitality).

Fenster ermöglichen eine gute Aussicht – doch diese wird oft blockiert

Um die Aussicht aus dem Inneren eines Gebäudes optimal geniessen zu können, geht nichts über grosse Glasflächen. Wer sich jedoch für eine grosse Glasfläche entscheidet, muss auch mit übermässigem Wärmeeintrag und Blendeffekten, sprich Komforteinbussen, rechnen. Die häufigste Reaktion: Rollos runter – leb’ wohl, Aussicht (und Tageslicht)!

Eine Studie4 zu 55 Gebäuden in New York ergab, dass in durchschnittlich 75 Prozent dieser Gebäude mehr als die Hälfte der Fensterfläche stets durch Rollos verdeckt war – unabhängig von der Lage der Zimmer, der Tageszeit und dem Gebäudetyp (Wohn- oder Bürogebäude). Bei einer ähnlichen in der Schweiz durchgeführten Studie5  wurde derselbe Trend festgestellt.

 

 

Die Rollos bedeckten im Durchschnitt 59 Prozent der Fensterfläche, und an 75 Prozent der untersuchten Gebäude war mehr als die Hälfte der Fensterfläche verdeckt.

(Quelle: Seduced by the view, Urban Green Council, 2013).

Unabhängig von der Jahreszeit und der Ausrichtung sind im Durchschnitt 57 Prozent der Fensterfläche von Rollos bedeckt.

(Quelle: Global Lighting Performance, Estia, 2015).

Zwar gibt es heute automatische Steuerungssysteme, mit denen sich die Nutzung von Rollos je nach Witterungsbedingungen optimieren lässt. Allerdings bleibt ein grundsätzliches Problem bestehen: Die freie Sicht nach draussen wird stark eingeschränkt. Selbst wenn die «leistungsfähigsten» Fassadenmarkisen oder Jalousien eingesetzt werden, ist das Ergebnis nicht mit der freien Sicht durch ein unverdecktes Fenster zu vergleichen. Unzufrieden, unwohl, frustriert … so fühlen sich viele Gebäudenutzer, denen die Aussicht genommen wird. Das zeigen auch mehrere Beiträge auf Twitter:

Wer möchte also freiwillig einen hohen Preis für etwas zahlen, das er oder sie am Ende gar nicht geniessen kann?

Glücklicherweise gibt es heute neue Lösungen wie dynamisches Glas. Es bietet eine durchgehende Sichtverbindung nach draussen, ohne sich negativ auf den Komfort der Gebäudenutzer oder den Energieverbrauch eines Gebäudes auszuwirken. Dies versetzt Bauträger, Eigentümer und Gewerbetreibende in die Lage, den Preis für ihre Immobilien und Leistungen zu rechtfertigen und gleichzeitig neue Kunden anzuziehen und bestehende zu binden.

 

Im Restaurant 71 Above ermöglicht dynamisches Glas die Steuerung des Tageslichts und Wärmeeintrags in das Gebäude, während die Gäste gleichzeitig den einmaligen Ausblick auf die Skyline von Los Angeles geniessen können.

 


  1.  www.bbc.com/news/business-23255452
  2.  J. Kim, J. Wineman, Are Windows and Views Really Better? A Quantitative Analysis of the Economic and Psychological Value of Views, 2005
  3.  Human Spaces 2.0: Biophilic Design in Hospitality
  4.  Seduced by the View, Urban Green Council Report, 2013
  5.  Global Lighting Performance, Estia, 2015